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Ausgrabungen im Gräberfeld - Dr. Manfred Fuchs

Vor 100 Jahren konnten auf einer Fläche von 100 Hektar rund 600 Grabhügel fest-gestellt werden; heute ist noch rund ein Drittel davon auch für das ungeschulte teils mit Wald bedecktes Gebiet, das unmittelbar südlich von Rosegg beginnt und bis zum modernen Kraftwerk der ODK sowie dem alten Drauflussbett reicht. Unter klei-neren und größren Erdaufschüttungen (= Grabhügel. Durchmesser fünf bis zehn Me-ter) befinden sich in verschiedensten Formen die Totenbestattungen. Wie die Unter-suchungen ergaben, sind die Verstorbenen vor der Bestattung meist samt Kleidern und Schmuck verbrannt worden. Eine Besonderheit unter den Beigaben, die den To-ten mit ins Grab gegeben wurden, sind roh gegossene kleine Figuren aus Blei. Diese zeigen neben einfachen geometrischen Formen auch sehr schematisch gehaltene Menschenfiguren sowie Reiter und als spezielles Stück darunter einen vierrädrigen Wagen mit einer Reihe von Zugtieren.

Dieser Bleiwagen kam auch gleich zu Beginn der Ausgrabungen zutage.
Es begann im Jahre 1882, als der Besitzer des so genannten Lucas-Bräuhauses, Friedrich Seidl, ein kleines Grundstück bei seinem Haus ebnen wollte, „kam er bei der Abtragung eines Hügels, worauf einst eine alte Fichte gestanden hatte, auf einen gewaltigen Ring von Bruchsteinen, Gerölle und Schieferplatten, circa 60 Schritte im Umfange, in dessen Mitte auf dunkler, mit Kohle und Asche vermengter Erde eine viereckige Steinplatte ruhte. Darunter fand er einen zerbrochenen Topf von schwar-zem Geschirre, ein verrostetes Stück Eisen und ein seltsam geformtes Instrument von einem glänzenden, mit dunkler Patina überzogenen Metalle; er verkaufte sämtli-che Fundstücke um einen geringen Betrag.“
Diese ersten prähistorischen Funde sorgten jedenfalls in der Rosegger und Veldner Gegend für genügend Gesprächsstoff, und sicherlich wurde vieles übertrieben. Denn bald darauf begannen Schatzgräber ihr Unwesen zu treiben. So berichtete der 1883 vom Unterrichtsminister zum k. k. Conservator ernannte Baron Karl Hauser an die k. k. Central-Commission, dass „die als bisher intact constatirten Grabhügel seither von unberufener Hand durchwühlt wurden“.

Diese 1850 durch Kaiser Franz Joseph gegründete k. k. Central-Commission, Vor-läuferin des heutigen Bundesdenkmalamtes, wirkte im gesamten Gebiet der Habs-burgermonarchie durch ehrenamtliche Konservatoren und Korrespondenten. Da zu jener Zeit jedoch noch kein Denkmalschutzgesetz existierte, konnten die damaligen Konservatoren und Korrespondenten im Streitfalle ihren Standpunkt nicht durchset-zen (keine exekutive Gewalt). Sie waren nur berechtigt, im Bedarfsfalle die Unter-stützung der k. k. Behörden in Anspruch zu nehmen, was jedoch im Falle des Grä-berfeldes von Frög nicht geschah. Die Central-Commission beauftragte ihren Kon-servator Baron Hauser, das Gräberfeld systematisch parzellenweise zu untersuchen bzw. auszugraben. Hierbei war Baron Hauser jedoch auf den guten Willen der jewei-ligen Grundeigentümer angewiesen, die mitunter für ihre Einwilligung recht hohe Be-träge forderten, und er stand in Konkurrenz zu den Badegästen in Velden, denen das Schatzgraben (damals noch legal!) viel Abwechslung und Spaß brachte.
Die mehr oder weniger systematischen Ausgrabungen von Baron Hauser wurden von 1883 bis 1892 durchgeführt. In all diesen Jahren wurde meistens nur in den bei-den Sommermonaten Juli/August gegraben. Baron Hauser kam nur tageweise auf die Grabung, während als sein Stellvertreter der Angestellte des Kärntner Ge-schichtsvereines Caspar Kaiser ständig die Grabungen beaufsichtigte. Diesem ge-währte auch Fürst Friedrich von und zu Liechtenstein freie Verpflegung im Schloss Rosegg.

Bevor jedoch Baron Hauser am 8. August 1883 mit ersten Sondierungsgrabungen begann, hatte bereits der auf eigene Faust in Frög grabende Rosegger Steuerein-nehmer Wilhelm Kokail großen Erfolg: In einem Grabhügel fand er mehrere Bestand-teile eines kleinen Wagens, die dazugehörigen vier Räder und die Zugtiere, alles aus Blei. Er übergab alles dem damals recht bekannten Schriftsteller F. Kanitz in Velden, der den Wagen „restaurierte“ und schenkte in der Folge diesen wertvollen Fund dem Museum des Geschichtsvereines in Klagenfurt. Nachdem Baron Hauser im selben Jahr seine nicht besonders erfolgreichen Grabungen beendete, öffnete der Veldner Ingenieur E. Lob auf eigene Kosten einen weiteren Grabhügel und grub neben viel Keramik zehn kleine Bleireiter und 20 kleine Bleivögel aus.

Im Frühjahr 1884 vertrat der Steuereinnehmer Theodor Rippert den Baron bei den Ausgrabungen, war jedoch ebenfalls wenig erfolgreich, obwohl er insgesamt neun Grabhügel öffnen ließ. Die Veldner Badegäste aber waren wiederum erfolgreicher: „Mittlerweile begannen sich die Bäder am Wörther See mit Gästen zu füllen, und das Gräberfeld zu Frögg übte wie im letztvergangenen Jahre eine mächtige Anziehungs-kraft auf die Bewohner Veldens aus. Adolf Bachofen v. Echt erwarb von dem Bräuer Seidel zwei Grabhügel zur Ausforschung, und ein glücklicher Zufall wollte, dass gleich der erste derselben, welchen er öffnen ließ, von höchst interessantem Inhalt war“. Neben zwei vollständig erhaltenen großen Urnen, mehreren Ringen und Mes-sern wurde eine unversehrte Bronzesitula ausgegraben!
Im Sommer des gleichen Jahres war jedoch endlich auch Baron Hauser das Ausgrä-berglück hold, obwohl die Grundeigentümer die Preise für ihre Ausgrabungsbewilli-gungen drastisch erhöht hatten, da die Badegäste aus Velden offenbar jeden Preis zahlten.
Er grub 22 Grabhügel aus und förderte dabei neben zwei schönen Bronzegefäßen (darunter eine Situla), vielen Bleifiguren und Schmuckstücken (Ziernadeln, Fibeln, Glasperlen- und Bernsteinkettchen) zahllose schöne Keramik zutage.
Zur gleichen Zeit gruben die Veldner Badegäste Enrico Montel aus Mailand und Louis von Zenetti aus Wien auf eigene Kosten aus, allerdings ohne viel Erfolg. Außer diesen grub noch mit viel Erfolg im August Dr. Josef Szombathy vom Naturhistori-schen Museum in Wien, der heute als einer der großen Wegbereiter der österreichi-schen Urgeschichtsforschung gilt, zehn der größten Grabhügel aus. Nach der Zäh-lung von Baron Hauser wurden bis Ende des Jahres 1884 rund 130 Grabhügel aus-gegraben.

Im nächsten Jahr, 1885, zeigte sich die große Bedeutung der Ausgrabungen in ei-nem wichtigen gesellschaftlichen Ereignis: Vom Dienstag, dem 18. August 1885, bis Freitag, dem 21. August 1885, wurde die dritte Wanderversammlung der maßgebli-chen Anthropologischen Gesellschaft zu Wien in Klagenfurt veranstaltet. Am Freitag, dem 21. August, fuhren die Teilnehmer nach Frög und wohnten der Öffnung von fünf Grabhügeln bei. Die Tagungsteilnehmer, unter ihnen so bekannte Persönlichkeiten wie Aelschker, Ankershofen, Goess, Grösser, Gruber, Jaksch, Jessernig, Khevenhül-ler, Moro, Much, Purtscher, Seeland, Szombathy, Schmidt-Zabierow oder Fürst Win-disch-Grätz, zählten an diesem Tag (durch den Zuzug von Sommergästen) über hundert Personen.

Im Jahre 1886 aber werden die Klagen von Baron Hauser unüberhörbar: „Allein, ist es schon bedauerlich, dass der kärntnerische Geschichts-Verein nicht die Mittel be-sitzt, systematische Ausgrabungen vornehmen zu lassen und zusehen zu müssen, wie Unberufene die Gräber durchwühlen und wichtige Fundstücke in allen Richtun-gen der Windrose verschleppen.“ Im Frühjahr 1886 richtete der Bräuer Seidl ein Grundstück zum Feldanbau her und fand dabei „mehrere ganz beachtenswerte Ge-genstände, welche er vorläufig als Schaustücke für seine Sommergäste bei sich be-hält“. Darunter eine schöne Fibel (= Schmucknadel), die vollständig erhalten war, „bis eine fremde Dame, welche die Nadel mit der Hand aufbiegen wollte, dieselbe zer-brach“. Da im Mai die Badegäste aus Velden auch mit viel Erfolg ausgruben, wurden die offiziellen Grabungen in der Woche vor Pfingsten gleich wieder aufgenommen und im Spätsommer fortgesetzt, allein ohne größere Erfolge bzw. Funde. Diese stell-ten sich glücklicherweise im darauf folgenden Jahr 1887 ein, das Hauser überhaupt zu den erfolgreichsten Jahren zählt. Es wurden mit durchschnittlich vier Arbeitern in zehn Tagen 16 Grabhügel geöffnet, darunter eines, das besondere Beachtung fand: „Da lagen auf dem nassen Lehmboden von der Mitte des Hügels an gegen Süden und Westen anderthalb Meter breit zerdrückte Urnen dicht aneinander, darunter auch etwas Leichenbrand und Kohle. Über und in den Urnenscherben aber waren nahezu 200 Bleifiguren so dicht ausgebreitet, dass nicht eine Handbreit leer blieb… In der Mitte auf dem Grunde des Hügels lag ein Häufchen Knochensplitter, und unmittelbar darüber lagen Bronze-Gegenstände und eine dunkle filzartige Masse mit zahlreichen Perlen und kleinen zarten Bronze-Schuppen besetzt und bestreut. . . Die große Mas-se der übrigen Perlen, gewiss über 2000, bestand aus ganz kleinen roten, gelben und blauen.“

Waren nun die Ausgrabungen des Jahres 1887 vom Wetter ungemein begünstigt gewesen, so war dies 1888 nicht so. Noch dazu hatte Baron Hauser fachliche Prob-leme und stand unter Erfolgszwang: „Es war schwierig, die Auswahl zu treffen, wo gegraben werden sollte; denn eine fünfjährige Erfahrung hatte gezeigt, dass die äu-ßere Form und Lage der Gräber keineswegs einen auch nur annähernd verlässlichen Anhaltspunkt für die größere und geringere Ergiebigkeit ihres Inhaltes bietet; und doch ist es verhältnismäßig viel Geld, weiches hier verwendet wird, und die Gefahr liegt jedes Mal sehr nahe, dass eine Ausgrabung ohne allen Erfolg bevorsteht.“
Tatsächlich endete die Grabungssaison 1888 ohne besonderen Erfolg, und die Folge war nun, dass die k. k. Central-Commission als Hauptfinanzier 1889 die Frage stellte, ob nicht die immer erfolgloser werdenden Ausgrabungen beendet werden sollten. Baron Hauser entschloss sich, da die Geldquellen offensichtlich nicht mehr lange fließen würden, zu einem neuen Vorgehen. Er zahlte an die Grundeigentümer nicht mehr pro geöffneten Hügel eine Gebühr, sondern pachtete zwei ihm wichtig erschei-nende Grundstücke inmitten des Gräberfeldes und begann darauf, planmäßig ver-schiedene Grabhügel zu öffnen. Zu einer Graböffnung hatte sich sogar „Se. Excel-lenz der Landespräsident von Kärnten Baron Schmidt-Zabierow mit einer zahlreichen Gesellschaft aus Klagenfurt und Velden“ eingefunden. Diese planmäßigen Untersu-chungen der beiden Parzellen konnten 1890 abgeschlossen werden: „Auf jenen beiden Waidparzellen (Nr. 1458 und 1459) wurden 116 Tumuli gezählt, von welchen bis zum Jahre 1889 20 durch den Verein geöffnet worden waren. Es wurden damals noch weitere 27 Tumuli aufgegraben, so dass jene abgerechnet, welche durch fremde Sommergäste im Laufe der Zeit geöffnet worden sind, ungefähr 50 Hügel erübrigten, die noch ungeöffnet geblieben sind. Nun darf die systematische Durchforschung nicht so verstanden werden, dass alles aufgegraben werden müsste, was einem Tumulus ähnlich sieht . . . Es muss genügen, wenn jede Parzelle succes-siv soweit durchforscht wird, dass über den Charakter der auf jeder Parzelle befindli-chen Gräber und deren Inhalt ein sicheres Urteil gefällt werden kann.“

In diesem Jahr, 1890, glückte Baron Hauser auf einer anderen Parzelle wieder ein großer Bleifigurenfund: „An der Südecke war eine zerquetschte große Urne ohne Beigaben. Unter den Koh-lenschichten über dem feuchten Lehmboden lagen längs der Südwestseite merkwür-dige bleierne Figuren von 10 cm Länge, mit ausgebreiteten Armen und Beinen hori-zontal am Rücken nebeneinander.. . Zwischen diesen Scherben fanden sich wieder zahlreiche Reiterfiguren aus Blei … Ich sammelte einige 50 solcher ganzer Reiterfigu-ren und eine Menge Bruchstücke.“

Die letzten beiden Grabungsjahre 1891 und 1892 waren dadurch gekennzeichnet, dass Baron Hauser viele schon in früheren Zeiten ausgegrabene Hügel öffnete und als besonders deprimierendes Ergebnis festhielt, dass viele große Grabhügel wenig oder fast gar nichts enthielten. So kam er rascher als erwartet zum Abschluss seiner Ausgrabungen im Gräberfeld von Frög. Bei der Öffnung des letzten Grabhügels pas-sierte dann ein großes Missgeschick: „In größerer Tiefe dieses Grabes, bei welchem wir bei 6 m Durchmesser 4 m Tiefe erreichten, entdeckten die Arbeiter in einer Kluft zwischen Rollsteinen einen Bronze-Kessel. Er stand frei in einem hohlen Raume zwischen den losen Rollsteinen, und man sah ihn durch die Fugen, ohne dahin ge-langen zu können. .. Als er endlich frei stand, ließ er sich doch nicht heben, denn bei jeder leisesten Berührung fielen Stücke der äußerst dünnen morschen Bronzewände herab, so dass schließlich nur der Inhalt, ein Klumpen durch Rost zusammen geba-ckener menschlicher Knochenrest, stehen blieb, welcher einen starken Leichengeruch verbreitete. . . Ich ließ die Grabung nicht weiter fortsetzen, zumal die Sache nicht ohne Gefahr war.“

Damit waren die ersten planmäßigen Ausgrabungen im Gräberfeld von Frög beendet worden, und erst 50 Jahre später sollten die nächsten folgen.